
So überlegt die Idee des Open Air St. Gallen einmal mehr war: Im Vergleich zu den Stück für Stück live aufgemalten Bandnamen im Vorjahr oder den Ende 2013 einzeln in der Stadt St. Gallen aufgehängten Bandplakaten ging die PR-Aktion dieses Mal dann doch etwas unter. Schade eigentlich. Denn um Punkt 12 Uhr präsentierte sich mit dem offiziellen Festivalposter ein veritabler Hingucker – in vielerlei Hinsicht.

Das fängt schon ganz oben auf dem hübschen Artwork an. Depeche Mode, The Killers, Nine Inch Nails: Diese Spitze kann sich sehen lassen. Drei Headliner, von denen jeder jedem europäischen Festival gut zu Gesicht stehen würde. «Eine starke Einheit», nennt Festivalsprecherin Sabine Bianchi das Trio, das in dieser Konstellation im Vorfeld nicht unbedingt zu erwarten war. Im Endeffekt erwies sich die Sorge, für Depeche Mode hätten die Organisatoren zu viel Budget verbraten, aber als unbegründet. Stattdessen stiessen gleich zwei weitere Hochkaräter dazu.
Ursprünglich war ein anderer Headliner geplant
Dabei verlief der Bookingprozess zunächst nicht wunschgemäss. «Wir haben lange auf einen bestimmten Headliner gehofft, hatten aber leider kein Glück», erzählt Bianchi. Um wen es sich dabei handelte, will sie nicht verraten. Schon bald darauf sollte sich das Blatt allerdings wieder zum Guten wenden. Im Juli sei die Option «Depeche Mode» ins Spiel gekommen und der Deal nach intensiven Bemühungen schliesslich im Oktober unter Dach und Fach gebracht worden.Als letzten der drei Headliner verpflichteten die Veranstalter die Nine Inch Nails, das Bandprojekt von Trent Reznor, das am Zürich Openair 2013 eines der spektakulärsten Konzerte der letzten Jahre ablieferte. Im Sittertobel werden Reznor & Co. am Freitag ab 2330 den Abend auf der Sitterbühne abschliessen.
Cleveres Timing und ein gutes Händchen
Durchaus überzeugend ist auch der Mix, der sich unterhalb der Headliner-Riege tummelt. Zuerst einmal ein freudiges Juhu für Jungle und CHVRCHES! Dann wäre da die Fraktion jener Bands, bei denen das Open Air St. Gallen cleveres Timing beweist. Die jüngsten Schweizer Konzerte von Portugal. The Man, Feine Sahne Fischfilet, Nothing But Thieves, Bonez MC & Raf Camora und Faber? Allesamt ausverkauft – zum Teil sogar wochenlang im Voraus.Ein gutes Händchen offenbart das Bookingteam um Programmchef Christof Huber ebenfalls bei den internationalen Newcomer-Acts. Insbesondere auf den Auftritt der jungen Post-Punk-Band Shame am Samstagnachmittag auf der Sitterbühne darf man gespannt sein. Vergangenen Mai lieferten die wilden Briten am Showcasefestival The Great Escape in Brighton den aufregendsten Auftritt des Wochenendes ab, in diesen Tagen wird ihr frisch erschienenes Debütalbum von der Musikpresse gefeiert.
Auch die Show der 22-jährigen Alma hinterliess in Brighton einen tropisch aufgeheizten Gewölbekeller. Ob sich dies samstags auf der grossen Sitterbühne im Sittertobel wiederholen wird, wird sich zeigen. Über genug Power verfügt die rotzige Finnin allemal.

Abgerundet wird die adäquate Auswahl an aufstrebenden Acts einerseits mit Lewis Capaldi, dem schottischen Singer-Songwriter, dessen Riesenhit «Bruises» bisher über 32 Millionen Mal (!) bei Spotify gestreamt wurde. Am Open Air St. Gallen wird der Shootingstar zum ersten Mal in der Schweiz auftreten.
Und da wäre andererseits noch die in unseren Breitengraden weitestgehend unbekannte Gang Of Youths (Sonntag, 1300, Sternenbühne) aus Australien. In ihrer Heimat hat die Indie-Rockband im Herbst gleich acht Grammy-Nominationen eingeheimst. Im Line-Up des Open Air St. Gallen 2018 steht sie sinnbildlich für einen erfreulichen Umstand: Im Vergleich zu den letzten Ausgaben scheinen rockige Gitarren dieses Jahr wieder einen höheren Stellenwert zu geniessen.
Welche Bands du zudem am Open Air St. Gallen 2018 nicht verpassen darfst:
· Editors
Freitag. 2115-2230. Sitterbühne
· Drangsal
Samstag. 1445-1545. Sternenbühne
· One Sentence. Supervisor
Samstag. 1245-1345. Sternenbühne
· Long Tall Jefferson
Freitag. 1615-1715. Plaza
· Velvet Two Stripes
Donnerstag. 0015-0115. Startrampe
Obwohl sich dem Open Air St. Gallen dieses Jahr beim Booking eine komplett neue Situation bot – mehrere Grossfestivals wie das Rock Werchter in Belgien, zu dem man in St. Gallen einen sehr guten Kontakt pflegt, finden 2018 ein Wochenende später statt –, ist es den Verantwortlichen dennoch gelungen, mehrere namhafte Acts für einen Abstecher ins Sittertobel zu überzeugen. Mit ein Grund dafür: Die Mutter aller Festivals, das Glastonbury in England, nimmt dieses Jahr wieder einmal eine Auszeit und beeinflusst deshalb die Tourpläne der Bands im unmittelbaren Zeitraum des Open Air St. Gallen nicht. «Natürlich hat uns die Pause des Glastonbury etwas geholfen», sagt denn auch Sabine Bianchi.